Sosnowij Bor

Kernkraftwerk Sosnowij Bor

Foto: Rosatom

Die vier RBMK-Reaktoren von Sosnowij Bor sind auch als das Leningrader Kernkraftwerk bekannt - sie liegen buchstäblich in Sichtweite der 5-Millionen-Metropole St. Petersburg (früher Leningrad). Vielleicht auch aus diesem Grund wird in offiziellen Verlautbarungen heute beinahe nur noch der Name Sosnowij Bor verwendet - es könnte ja beunruhigend wirken, ein RBMK-Kraftwerk vor den Toren der Touristenstadt St. Petersburg stehen zu wissen.
Die ersten beiden Blöcke gingen 1974 bzw. 1975 ans Netz - RBMKs der ersten Generation, die wohl gefährlichsten Kernkraftwerksblöcke der Welt.


Bereits im Januar 1974 explodiert ein mit radioaktiven Gasen gefüllter Behälter, einen Monat später zerstören hydraulische Schläge den Zwischenkreislauf - Bilanz: 3 Tote, und hochradioaktives Wasser gelangt in die Umwelt.


Im Oktober des Jahres 1975 entweicht aus dem brandneuen Reaktor eine radioaktive Wolke mit einer Strahlung von fast 1,5 Millionen Curie. Die Bedienungsmannschaft hatte den Reaktor zu schnell angefahren, einige Brennelemente schmolzen, und Röhren barsten. Glücklicherweise fängt der Graphitblock kein Feuer. Die Bürokratie sah für die Bevölkerung jedoch keine Gefahr.


Im Jahr 1982 wurden die Blöcke 3 und 4 in Betrieb genommen, Leningrad wurde damit zu einem der größten Atomstandorte der Welt.


Im März 1992 dann ein weiterer Unfall: Im Block 3 bricht eine Brennstoffröhre, und erneut entweicht Strahlung. Radioaktive Gase treiben zuerst über die Ostsee hinüber nach Finnland und dann nach einer Winddrehung bis weit nach Zentralrussland hinein.


Das umliegende Kiefernwäldchen (so lautet die deutsche Übersetzung des Kraftwerksnamens) ist seitdem schwer radioaktiv belastet, aber die Millionenstadt St. Petersburg kam bis heute noch bei jeder "Panne" mit einem blauen Auge davon.


Doch die Gefahr bleibt bestehen: Sollte sich ein weiterer schwerer Störfall ereignen, könnte bei ungünstiger Wetterlage und Windrichtung der Fallout direkt über dem "Venedig des Ostens" niedergehen - eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, denn: Wie evakuiert man in kürzester Zeit 5 Millionen Menschen?