Smolensk
Foto: Rosatom
In die gleiche Kategorie wie Kursk ist
auch das Atomkraftwerk von Smolensk einzuordnen. Die Argumentation ist
identisch: RBMK-Reaktoren in dichtbesiedeltem Gebiet.
An der Zahl verfügt das AKW Smolensk über drei RBMK-1000-Reaktorblöcke,
die 1982, 1985 und 1990 ans Netz gingen. Wie für RBMK-Kraftwerke
üblich, bilden zwei Blöcke eine betriebliche Einheit. Dass
der dritte Block keinen "Zwilling" bekam, hängt ursächlich
mit dem Unfall in Tschernobyl zusammen. Im Zuge der Tragödie wurde
die Konstruktion von Block 4 im Sommer 1986 gestoppt, womit die zweite
Einheit unvollendet blieb (im Gegesantz zum Kernkraftwerk von Kursk,
wo die Baustelle nicht "eingemottet" wurde).
Einheit 1 verfügt über zwei Reaktoren der zweiten RBMK-Generation
(identisch mit dem in Tschernobyl explodierten Reaktor), Block 3 ist
bereits von der dritten, verbesserten RBMK-Generation (wie die Reaktoren
in Ignalina).
Zum Standort: Smolensk liegt unweit der russischen Westgrenze, etwa
auf halbem Weg zwischen Moskau und Minsk (Entfernung: jeweils rund 350
Kilometer) am Fluss Desna, der gleichzeitig einen künstlichen See
von 42 Quadratkilometer Größe speist, welcher extra für
das Atomkraftwerk angelegt wurde und als Kühlwasserreservoir dient.
Dieser enorme Eingriff in die Natur steht exemplarisch für den
außergewöhnlich hohen Wasserbedarf aller RBMK-Reaktoren.
Genügt es, Druckwasserreaktoren
an Flüssen zu errichten, bedürfen RBMK-Kraftwerke schon ganzer
Seen zur Kühlung der Reaktoren.
Einige Vergleichsdaten: der künstlich angelegte Kühlwassersee
des AKW Kursk misst 22 Quadratkilometer, die Anlage von Ignalina wurde
an ein Binnenmeer plaziert, das St. Petersburger Atomkraftwerk in Sosnowi
Bor liegt am Ufer der Ostsee, und der einzige Grund, weshalb man damals
in Tschernobyl ein Atomkraftwerk baute, mitten in ein Naturschutzgebiet
und die "Kornkammer" der Sowjetunion hinein, war, dass aus
dem Kiewer Stausee (der sich in Nord-Süd-Richtung allein über
100 Kilometer erstreckt und die Hauptstadt der Ukraine mit dem Katastrophen-Kraftwerk
gewissermaßen "verbindet") genügend Kühlwasser
entnommen werden konnte.
Dieser extreme "Durst" der RBMK-Kraftwerke liegt aber nicht
nur an der Kühlung, sondern hängt auch ursächlich mit
den beträchtlichen radioaktiven Emissionen zusammen, die selbst
im Normalbetrieb aus RBMK-Anlagen entweichen (40 mal mehr als aus WWER-Kraftwerken!)
- unter anderem auch über das Kühlwasser. Nach sowjetischen
Direktiven sollten diese riesigen Reservoirs als "biologische Desaktivatoren
des radioaktiven Wassers dienen, da die Radionuklide auf den Boden sinken
und vom Schlamm absorbiert werden." Übrigens: der Kiewer Stausee
wurde und wird nicht nur als "Desaktivator" des Atomkraftwerks
von Tschernobyl benutzt, sondern auch heute noch als Trinkwasserreservoir
von Kiew.
Zurück nach Smolensk: größere Unfälle gab es hier
noch nicht, doch "dank" der Bauweise ist die Gefahr ständig
präsent. In Desnogorsk, der Stadt der Atomarbeiter, leben 40.000
Menschen - drei Kilometer vom Atomkraftwerk entfernt.
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