Saporoschje
Mit sechs WWER-1000-Druckwasserreaktoren
der jüngsten Generation steht in Saporoshje im Osten der Ukraine
das größte Kernkraftwerk der Welt.
Die Einheiten 1-5 gingen zwischen 1984 und 1989 ans Netz, Block 6 folgte
dann im Jahr 1995. Das Risiko bei Anlagen dieser Größe ist,
dass ein schwerer Unfall (beispielsweise ein Großbrand) in einem
der Blöcke auf die anderen Bereiche des Kraftwerks übergreifen
und zu einer verheerenden Katastrophe globalen Ausmaßes führen
könnte. Selbst wenn nur ein Block havariert, könnten alle
anderen Blöcke (siehe Tschernobyl) auf unabsehbare Zeit nicht weiter
betrieben werden. Die Folge wäre ein Zusammenbruch großer
Teile der Energieversorgung.
Man sollte erwarten, dass aufgrund jener Gefahren beim Betreiben einer
Anlage solchen Ausmaßes ein besonders strenges Augenmerk auf die
Gewährleistung der Sicherheit gerichtet wird, aber weit gefehlt.
Ganze 2 Millionen US-$ (!) wurden zwischen 1994 und 1997 in die Sicherheit
der Anlage investiert; eine spanische Firma hatte einmal neue Röhren-Inspektions-Systeme
eingebaut.
So verwundert es auch nicht, dass aus Saporoshje in regelmäßigen
Abständen kleinere Feuer und Notabschaltungen gemeldet werden.
Der Sommer des Jahres 1993 führte dazu, dass Saporoshje ungeachtet
der dort eingesetzten modernen WWER-1000-Reaktoren lange Zeit zu den
gefährlichsten osteuropäischen Atomkraftwerken gezählt
wurde.
Was war geschehen?
Im April 1993 verwüstete ein Schwelbrand das Ventilationssystem,
einen Monat später starb ein Arbeiter, als er bei der Reparatur
eines Lecks im Kühlsystem mit seinem Schweißgerät einen
Brand auslöste. Noch im selben Monat blieben beim planmäßigen
Runterfahren eines der Reaktoren aus bis heute ungeklärter Ursache
plötzlich 4 von 6 Steuerstäben auf halbem Wege stecken - eine
gravierende Fehlfunktion. Und als wäre all dies nicht genug, entdeckten
Kraftwerksmitarbeiter im Juni durch Zufall in unmittelbarer Nähe
der Reaktorhalle einen 54 Quadratmeter großen "Hot Spot",
eine hoch verstrahlte Zone. Die Strahlenspur ließ sich bis an
die Wand des Reaktorgebäudes verfolgen. Es stellte sich heraus,
dass radioaktives Wasser aus dem Primärkreislauf (!) aufgrund eines
Drainagefehlers im Wasser-Aufbereitungssystem durch Risse im Beton auf
das Dach des benachbarten Gebäudes getropft war, von wo es durch
starke Regenfälle heruntergespült wurde schließlich
den Hot Spot bildete.
Der marode Staatshaushalt der Ukraine, die Säumigkeit der Schuldner
des Atomkraftwerks und der unverantwortlich sorglose Umgang mit Sicherheitsproblemen
dürfte dazu führen, dass sich die Betriebsprobleme in Saporoshje
mit fortschreitender Alterung der Reaktoren häufen und noch weiter
verschärfen werden.
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