Medzamor
Das armenische Kernkraftwerk, ein WWER-440-Reaktor,
hat eine bewegte Geschichte hinter sich.
Im Oktober 1982 explodiert nach einem Kurzschluss plötzlich ein
Generator, woraufhin Feuer ausbricht und das Maschinenhaus abbrennt.
Große Teile des Personals fliehen und verlassen panikartig das
Kraftwerk. Das verbliebene Schichtpersonal organisiert verzweifelt die
Kühlwasserversorgung des Reaktors. Da die Anlage praktisch ohne
Aufsicht ist, wird aus dem KKW Kola schleunigst eine Spezialistengruppe
eingeflogen, um das Atomkraftwerk zu steuern. Die Neuankömmlinge
helfen ihren Kollegen, die aktive Zone zu retten, während der Brand
von der lokalen Feuerwehr gelöscht wird.
Eine noch größere Gefahr bestand im Jahr 1989, als Armenien
von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht wurde, das mehrere Tausend
Menschenleben forderte. Der Atomreaktor geriet kurzzeitig außer
Kontrolle, konnte aber trotzdem - auch dank eines schnellen und konsequenten
Vorgehens der Bedienungsmannschaft - gerade noch heruntergefahren werden.
Das Atomkraftwerk wurde durch das Beben schwer beschädigt, und
obwohl jeder überrascht war, dass es den Erschütterungen standgehalten
hatte und es zu keiner Atomkatastrophe gekommen war, beschloß
man, die Gewinnung von Atomstrom in einem Erdbebengebiet wie Armenien
einzustellen.
Es mag auch eine Rolle gespielt haben,
dass angesichts der Zerstörungen, die die Republik erlitten hatte,
andere Aufbauprojekte höhere Priorität hatten als die teure
Reparatur von Medzamor.
Als die nun unabhängige Republik Armenien Mitte der 90er Jahre
jedoch immer mehr unter einer Energiekrise zu leiden begann, die sowohl
die Wirtschaft als auch das öffentliche Leben quasi lahmlegte,
entschied die Regierung, das KKW Medzamor zu "entmotten",
notdürftig herzurichten und wieder in Betrieb zu nehmen.
Mittlerweile liefert das Kraftwerk Medzamor wieder zuverlässig
Atomstrom und deckt einen Großteil des armenischen Energiebedarfs.
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