Cernavoda
In Cernavoda im Südosten Rumäniens,
in der Nähe der Schwarzmeerküste, steht das einzige rumänische
Kernkraftwerk. Außergewöhnlich ist, dass es kein Reaktor
sowjetischer Bauart ist, sondern ein kanadischer Druckwasserreaktor
vom Typ CANDU-700.
Begründung: Den ehemalige kommunistische Diktator Rumäniens,
Nicolae Ceaucescu, pflegte sich in außenpolitischen Prestigefragen
gerne von der Sowjetunion zu distanzieren - so auch beim Aufbau der
Kernenergie in Rumänien.
Also ging im Jahr 1979 der Auftrag,
ein Atomkraftwerk zu errichten, nicht nach Moskau, sondern nach Kanada,
woraufhin Ottawa dem "Conducator" zur Anschubfinanzierung
einen Kredit von 1 Milliarde US-Dollar gewährte. Kalter Krieg und
Klassenkampf hin oder her: CANDU lieferte den Reaktor und General Electric
die Turbinen.
Nach einer ungewöhnlich langen Bauzeit nahm der erste Reaktorblock
am 2. Dezember 1996 den kommerziellen Betrieb auf.
Momentan sind noch vier weitere Blöcke im Bau, teilweise schon
weit fortgeschritten. Für den Fall, dass jeder der vier weiteren
Reaktoren tatsächlich in Betrieb gehen sollte, würde das bedeuten,
dass Rumänien dann in seinem Energiemix über einen sehr hohen
Atomstromanteil verfügen würde, der heute bei 12% liegt. Dass
es wirklich so weit kommt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Zum einen
fehlen Bukarest die finanziellen Mittel, um die Errichtungsarbeiten
in Cernavoda entschlossen vorantreiben zu können. Zum anderen dürfte
es Rumänien schwer haben, mit einem solch hohen Atomstromanteil
in die Europäischen Union aufgenommen zu werden, wobei der EU-Beitritt
aus verschiedenen Gründen für Bukarest heute weiter entfernt
denn je liegen dürfte. Nichtsdestotrotz soll
zumindest der zweite Reaktor, bis 2005 fertiggestellt werden. Der Grund
für diese, im Vergleich zum ursprünglichen Plan, beschleunigte
Bauphase liegt in der Hoffnung der Regierung, den gestiegenen Strombedarf
und die damit einhergehende Verteuerung der Strompreise kompensieren
zu können.
Das Reaktordesign an sich ist sicherlich positiver zu beurteilen als
die vergleichbare WWER-Baureihe. Der CANDU-700-Reaktor besteht aus 380
Brennelementen. Jedes von ihnen ist mit zwölf Brennstoffröhren
gefüllt, die ihrerseits aus jeweils dreißig aufeinander gestapelten
Uran-Dioxid-Tabletten und einer Zirkonium-Umhüllung bestehen. Um
die Brennelemente herum fließt - als Moderator des Kernspaltungsprozesses
- Schweres Wasser (Tritium). Dieser Aufbau entspricht dem typischen
nordamerikanischen Design, das seinerseits dem in Westeuropa üblichen
Standard stark ähnelt.
Doch trotz des quasi westlichen Reaktordesigns kam es gerade im vergangenen
Jahr in Cernavoda zu zahlreichen Pannen und Betriebsstörungen.
Wie es hieß, sei dabei aber niemals Radioaktivität ausgetreten.
Am 6. Januar 2001 führte eine weitere Panne zur automatischen Abschaltung
des Reaktors: nach einem Wasserpumpenausfall war die Reservepumpe nicht
sofort angesprungen. Danach hätten sich nach Auskunft der Kraftwerksleitung
die automatischen Sicherheitssysteme eingeschaltet. Der Grund, weshalb
die Reservepumpe nicht reagierte, blieb ungeklärt.
Von größeren Störfällen ist Rumänien aber
bis heute verschont geblieben.
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